Der Mythos des trinkenden Seemanns

Wer kennt nicht das bekannte Seemannslied "What shall we do with the drunken sailor?". Das Klischee von betrunkenen Seeleuten ist auch heute noch weit verbreitet. Dabei konsumieren Seeleute nicht mehr Alkohol als die durchschnittliche deutsche Bevölkerung. Das ist ein Ergebnis einer Fachkonferenz, die vor kurzem in Hamburg stattfand.

Gut hundert Fachleute waren am 14. Februar zu dem Wissenschaftlichen Symposium "Alkohol, Drogen, Verkehrseignung - Schifffahrt" nach Hamburg gekommen, um den sechs Fachvorträgen zu folgen. Der Bund gegen Alkohol und Drogen im Straßenverkehr (B.A.D.S.) und das Institut für Rechtsmedizin am UKE hatten die Konferenz organisiert.

Die Vortragenden aus den Bereichen Schifffahrtsmedizin, Gerichtswesen, Wasserschutzpolizei und Medizinunternehmen machten deutlich, dass der Beruf des Seemanns zu den sogenannten risikoreichen Stressberufen gehört. Im Vergleich zu Landberufen seien Seeleute deutlich mehr Stressfaktoren ausgesetzt - wie zum Beispiel Wettereinflüssen, soziale Isolation, Schichtdienst und langen Arbeitszeiten und Piraterie.

Trotz dieser erhöhten Anforderungen gebe es aber keine Belege dafür, dass Seeleute mehr Alkohol konsumieren würden als die Durchschnittsbevölkerung. Die Wasserschutzpolizei stellte im Jahr 2016 im Hamburger Hafen nur fünf Fälle von übermäßigen Alkohol- und Drogengenuss in der Binnen- und Seeschifffahrt fest. Regelmäßige und verstärkte Alkohol- und Drogenkontrollen seien aber wichtig, da die möglichen Schäden durch Trunkenheitsfahrten in der Seeschifffahrt deutlich höher seien als im Straßenverkehr.

Keine Einigkeit gab es bei der Frage, ob für die Seeschifffahrt generell eine Null-Promille-Grenze eingeführt werden soll, wie sie für Fahrgastschiffe und Schiffe mit gefährlichen Gütern bereits jetzt gilt. Einige Reedereien verbieten den Alkohol- und Drogenkonsum an Bord ihrer Schiffe. Auf der anderen Seite, so einige Experten, müsse man berücksichtigen, dass für Seeleute ein Schiff nicht nur ein Arbeitsplatz, sondern zugleich auch Wohnort über mehrere Monate ist.