Mehr Rechte für Seeleute durch MLC-Änderungen

Die Weltarbeitsorganisation der Vereinten Nationen (ILO) hat in Genf acht Änderungen des internationalen Seearbeitsübereinkommens (MLC) beschlossen. Dadurch werden die Rechte der Seeleute gestärkt. Die ILO-Mitgliedsstaaten müssen die Neuerungen innerhalb von zwei Jahren in ihr nationales Recht umsetzen. (01.06.2022)

Die jetzt beschlossenen Ergänzungen der Maritime Labour Convention (MLC) durch das sogenannte Special Tripartite Commitee der ILO sind die umfangreichsten seit dem Inkrafttreten des Seeleute-Übereinkommens im Jahr 2013. An der Veranstaltung im Hybrid-Format nahmen 500 Teilnehmende teil, davon rund 100 vor Ort in Genf.

Der ILO-Sonderausschuss beschloss unter anderem folgende Neuerungen:

  • Die medizinische Versorgung von Seeleuten an Land muss jederzeit sichergestellt sein. Während der COVID-19-Pandemie hatten Hafenbehörden in einigen Staaten erkrankten Seeleute den Landgang untersagt und damit eine notwendige Behandlung bei Ärzten an Land faktisch verhindert.
  • Mit einer Änderung der MLC wird klargestellt, dass Seeleute Anspruch auf kostenloses Trinkwasser an Bord haben.
  • Seeleute sollen zukünftig Internet an Bord nutzen können. Dafür dürfen Reeder den Seeleuten nur "angemessene" Gebühren ("reasonable") in Rechnung stellen.
  • Die ILO-Mitgliedstaaten sollen die schnelle Heimschaffung von Seeleuten erleichtern – vor allem von solchen Seeleuten, die im Stich gelassen worden sind. Die Flaggenstaaten, Hafenstaaten und Seeleute-Heimatländer sollen zusammenarbeiten, um auch die Rechte derjenigen Seeleuten sicherzustellen, welche die im-Stich-gelassene Besatzungsmitglieder ersetzen.
  • Die Reedereien werden verpflichtet, allen Seeleuten ihre persönliche Schutzausrüstung in passender Größe und Zuschnitt zur Verfügung zu stellen.
  • Seeleute-Vermittlungsagenturen ("crewing agencies") müssen Seeleute über die verpflichtende Versicherung gegen finanzielle Verluste, die den Seeleuten infolge einer von dem Vermittler zu vertretenden Pflichtverletzung entstehen, informieren.
  • Es wird klargestellt, dass in Versicherungsbescheinigungen zur Absicherung des Risikos des im-Stich-Lassens von Seeleuten und der Entschädigung bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten auch der "registered owner" (juristische Eigentümer) eines Seeschiffes eingetragen werden darf.
  • Es sollen zukünftig alle Todesfälle von Seeleuten statistisch erfasst werden; die Daten sind jährlich der ILO zu melden und werden in einer Datenbank veröffentlicht.

Durch ein besonderes Beschlussverfahren der MLC ist sichergestellt, dass die Änderungen innerhalb von zwei Jahren in jeweiliges nationales Recht umgesetzt werden müssen.

Mit Dr. Dirk Max Johns leitete ein Deutscher die Delegation der internationalen Reederseite; Dr. Johns war bis 2019 Geschäftsführer des Verbandes Deutscher Reeder. Für die Bundesrepublik Deutschland nahmen Vertreter des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales sowie der Dienststelle Schiffssicherheit der BG Verkehr an den Verhandlungen teil.

Die ILO hat den Text der beschlossenen Änderungen der MLC auf ihrer Website veröffentlicht (auf Englisch).