Navigationsausrüstung

Sichere Seefahrt mit moderner Navigationsausrüstung

Moderne Navigationsausrüstung ist auf Seeschiffen nicht mehr wegzudenken und sorgt für eine sichere Schifffahrt. Dazu gehören unter anderem: das automatische Schiffsidentifizierungssystem (AIS), die elektronische Seekarte (ECDIS), das System zur Identifizierung und Routenverfolgung über große Entfernungen (LRIT) und der Schiffsdatenschreiber (VDR).

Automatic identification system

AIS ist ein selbstorganisiertes UKW-Datenfunksystem, das die Sicherheit der Schifffahrt im Seeund Binnenbereich erhöht.

Im SOLAS-Übereinkommen, Kapitel V, ist festgelegt, dass

  • Schiffe ab 300 BRZ in internationaler Fahrt,
  • Frachtschiffe ab 500 BRZ in nationaler Fahrt
  • und alle Passagierschiffe

mit AIS ausgerüstet werden müssen.

Alle mit AIS ausgerüsteten Schiffe tauschen automatisch und kontinuierlich Informationen über
das Schiff und seine aktuellen Fahrdaten untereinander aus: Identität des Schiffs, seine exakte
Position, Kurs und Geschwindigkeit, seine Vorausrichtung und Drehrate, Fahrzustand (vor Anker, behindert, etc). Das ermöglicht einen besseren Überblick über die aktuelle Verkehrssituation
und trägt zur Kollisionsverhütung bei. Besonders bei hohem Verkehrsaufkommen und schlechter
Sicht ist das ein Vorteil gegenüber dem Radar, dessen Interpretation viel Erfahrung und ständige Beobachtung erfordert.

Darüber hinaus eröffnet AIS mit den AIS-Landstationen neue Möglichkeiten für die Verkehrszentralen (bei der Überwachung des Verkehrsgeschehens), für den Seenotrettungsdienst oder die Seeunfalluntersuchung.

AIS Class A sind im Anhang A.1 der Europäischen Schiffsausrüstungsrichtlinie enthalten; daher
ist eine EU-Zulassung erforderlich. AIS Class B und AIS SART sind nicht im Anhang A.1 aufgeführt und erhalten deswegen eine nationale Zulassung. Für AIS-Landstationen, AIS-Aton und
AIS Airborne wird mit einem „Statement of Conformity“ die Einhaltung der relevanten Standards
bestätigt. Eine Zulassung ist für diese AIS-Klassen nicht erforderlich, da sie nicht auf Schiffen
eingesetzt werden.

Electronic chart display and information system

ECDIS ist ein interaktives elektronisches Navigationsinformationssystem für Schiffe, das es ermöglicht, die Seekarte, die aktuelle Position des Schiffes sowie seine Bewegung und viele Zusatzinformationen (Radar, AIS, Echolot, ...) gleichzeitig am Bildschirm darzustellen. Es unterstützt den Nautiker bei der Routenplanung und -überwachung und bietet Funktionen zur automatischen Alarmierung vor bestimmten Gefahrensituationen.

Eine amtlich zugelassene ECDIS ist für die Verwendung auf Schiffen unter deutscher Flagge als gleichwertiger Ersatz der Papierseekarten in Übereinstimmung mit Regel 19.2.1.4 Kapitel V des SOLAS-Übereinkommens anerkannt.

Eine Ausrüstungspflicht mit ECDIS besteht nach SOLAS Kapitel V Regel 19.2.10 für folgende Schiffstypen:

  • Fahrgastschiffe von 500 BRZ und mehr;
  • Tankschiffe von 3 000 BRZ und mehr;
  • Frachtschiffe, außer Tankschiffe, von 10 000 BRZ und mehr;
  • Frachtschiffe, außer Tankschiffe, von 3 000 BRZ und mehr, jedoch weniger als 10 000 BRZ, die am oder nach dem 1. Juli 2014 gebaut wurden.

Die Entscheidung, ob bei der Ausrüstung eines Schiffes mit ECDIS vollständig auf das Mitführen von Papierseekarten verzichtet werden kann, ergibt sich aus MSC.232(82), Abschnitt 14 in Verbindung mit Anhang 6. Danach kann nur bei einer vollständigen, technischen Redundanz auf das Mitführen von Papierseekarten verzichtet werden.

Um die amtliche Papierseekarte an Bord von Seeschiffen vollständig durch ein ECDIS ersetzen zu können oder der Ausrüstungspflicht nachzukommen, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Die ECDIS-Anlage muss von einer für die Baumusterprüfung amtlich benannten Stelle gemäß den anwendbaren Anforderungen der IMO und der IEC (International Electrotechnical Commission) geprüft und zugelassen worden sein.
  2. Die ECDIS-Anlage muss für das zu befahrende Seegebiet mit aktuellen amtlichen ENCs (Electronic Navigational Charts) betrieben werden. Amtliche ENC-Daten für Nord- und Mitteleuropa werden im IC-ENC (International Centre for ENCs) in Taunton (Großbritannien) bzw. im Datenzentrum PRIMAR Stavanger (Norwegen) zentral verwaltet (ECDIS-Datendienst siehe nachfolgende Mitteilung).
  3. Stehen für das zu befahrende Seegebiet noch keine amtlichen ENC-Daten zur Verfügung, so kann dort ersatzweise mit amtlichen Rasterdaten im „RCDS-mode“ navigiert werden; jedoch ist für diese Seegebiete in diesem Falle  zusätzlich ein reduzierter Satz berichtigter amtlicher Papierseekarten an Bord mitzuführen. Die Auswahl dieser Seekarten obliegt dem Schiffsführer. Sie soll sich nach folgenden Vorgaben richten:
    • zur Planung der beabsichtigten Reise oder Überfahrt Karten im Maßstab 1 : 750 000 bis 1 : 1 500 000;
    • zur Durchführung der geplanten Reise oder Überfahrt auf offener See Karten im Maßstab 1 : 100 000 bis 1 : 500 000;
    • zur Durchführung der geplanten Reise oder Durchfahrt in Küstengewässer mit hoher Verkehrsdichte oder bei der Ansteuerung von Revieren und Häfen Karten in einem besseren Maßstab als 1 : 100 000.
  4. Die ECDIS-Anlage muss für einen möglichen Ausfall mit geeigneten Rückfalleinrichtungen (Backup) für die sichere Beendigung der Schiffsreise abgesichert sein. Nach derzeitiger Vorschriftenlage kommt dafür:
    1. eine Doppelinstallation baugleicher ECDIS-Anlagen oder
    2. eine Installation einer zugelassenen ECDIS-Backup-Anlage zusätzlich zur ECDIS-Anlage oder
    3. das Mitführen eines vollständigen Satzes berichtigter amtlicher Papierseekarten in
      Frage.
      Die unter Punkt 3. erhobene Forderung nach dem Mitführen eines reduzierten Satzes aktueller berichtigter amtlicher Seekarten beim Gebrauch amtlicher Rasterdaten im „RCDS mode“ bleibt davon unberührt. Wird die Forderung nach einer Rückfalleinrichtung jedoch durch die Option 4 c) erfüllt, so kann der reduzierte Kartensatz selbstverständlich als Teil der Rückfalleinrichtung angesehen werden.

Wenn die genannten vier Voraussetzungen erfüllt sind, bedarf es keiner gesonderten Betriebsgenehmigung, um ECDIS-Anlagen anstelle der amtlichen Papierseekarte an Bord einzusetzen.

 Long range identification and tracking

LRIT ist ein System zur weltweiten Identifizierung und Routenverfolgung von Schiffen. Es besteht aus LRIT-Datenübertragungsgeräten an Bord, Dienstleistern sowie LRIT-Datenzentren (weitere Informationen finden Sie in MSC 263 (84)). Die Daten von Schiffen unter europäischen Flaggen werden in einem gemeinsamen EU-Datenzentrum zusammengeführt.

Die für LRIT vorgesehene Kommunikationsausrüstung soll ständig in Betrieb sein; besonders in sicherheitsgefährdeten Gebieten sollen Schiffe LRIT-Positions-Informationen immer senden (also das Senden NICHT abschalten). Reedereien müssen jedes Unterbrechen des Betriebs oder endgültige Stilllegen eines LRITs, jeden Austausch einer LRIT-Ausrüstung oder (bei Umflaggungen) jede Änderung einer LRIT-ID dem Flaggenstaat anzeigen; in Deutschland an LRIT@BSH.de.

Ausrüstungspflicht mit LRIT

Folgende Schiffe in der Auslandsfahrt sind ausrüstungspflichtig (gemäß SOLAS, Kapitel V, Regel 19-1):

  • Fahrgastschiffe, einschließlich Fahrgast-Hochgeschwindigkeitsfahrzeuge
  • Frachtschiffe, einschließlich Hochgeschwindigkeitsfahrzeuge mit einer Bruttoraumzahl von 300 und darüber
  • Bewegliche Offshore-Bohreinheiten

Von der Ausrüstungspflicht ausgenommen sind folgende Fahrzeuge:

  • Schiffe mit einer Funkausrüstung (gemäß SOLAS, Kap. IV, Regel 8) sind unabhängig von ihrem Baudatum nicht ausrüstungspflichtig mit LRIT. Voraussetzung ist, dass diese Schiffe ausschließlich das Seegebiet A1 befahren (nach den Begriffsbestimmungen SOLAS, Kap. IV, Regel 2.1.12)  und mit AIS ausgerüstet sind (gemäß Kap. V, Regel 19.2.4).
  • Auch, wenn Fischereifahrzeuge nicht ausrüstungspflichtig sind, empfiehlt die Deutsche Flaggenstaatsbehörde besonders für Fischereifahrzeuge, die internationale Gewässer befahren, eine Ausrüstung mit LRIT .Das System trägt u. a. zur Informationsgewinnung der MRCCs (Maritime Rescue Coordination Centres) bei und verhindert Probleme mit anderen Flaggenstaaten.
  • Behörden- und Marinefahrzeuge
  • Fahrzeuge in nationaler Fahrt

Befreiung von der Ausrüstungspflicht (Gleichwertigkeitsbescheinigung)

Das BSH kann ausrüstungspflichtige Schiffe von der Ausrüstungspflicht mit LRIT befreien (auf Grundlage SOLAS, Kapitel I, Regel 5 und im Sinne SOLAS, Kapitel V, Regel 3). Voraussetzungen für eine Befreiung sind:

  • Ausrüstung mit AIS (gemäß SOLAS Kapitel V, Regel 19.2.4), welches ordnungsgemäß in Betrieb ist
  • Fahrtgebiet von und zu europäischen Häfen innerhalb der AIS-Abdeckung 

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, können Sie beim BSH einen Antrag auf eine Gleichwertigkeitsbescheinigung stellen. Diese Bescheinigung muss als Beleg für die Befreiung von der Ausrüstungspflicht an Bord mitgeführt werden.
Sollte ein Schiff die genannten Voraussetzungen für die Befreiung nicht mehr erfüllen (z. B. durch das Anlaufen internationaler Häfen), wird das Schiff ausrüstungspflichtig. Reeder bzw. Schiffseigner müssen dies dem BSH mitteilen.

Die internationale Seeschifffahrtsorganisation IMO schreibt Funktionstests (Conformance Tests) der LRIT-Bordausrüstung in Übereinstimmung mit dem IMO-Zirkular MSC.1/Circ.1307 vor. Vom jeweiligen Flaggenstaat zugelassene Test-Application Service Provider (Test-ASP) führen diese Tests durch. Bei erfolgreichem Abschluss stellen sie LRIT Conformance Test Reports (CTRs) aus.

Für die Deutsche Flagge hat das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) folgende Test-ASP zugelassen:

  • Collecte Localisation Satellites (CLS)
  • Fulcrum Maritime UK
  • Kemilinks, Singapur
  • Pole Star Space Appl. Ltd.
  • Thrane & Thrane A/S
  • Transas Telematics Ltd.

Voyage data recorder

Ein VDR ist ein bergungsfähiger Datenschreiber für den Einsatz auf Seeschiffen, der dem aus der Luftfahrt bekannten „Flugschreiber“ entspricht.

Im SOLAS-Übereinkommen, Kapitel V, Regel 20, ist festgelegt, dass alle Fahrgastschiffe und alle Schiffe über 3000 BRZ in internationaler Fahrt mit VDR ausgerüstet werden müssen. Bestehende  Frachtschiffe in internationaler Fahrt ab 3000 BRZ sind mit einem sogenannten S-VDR (Simplified VDR) nachzurüsten.

Technisch sind diese Schiffsdatenschreiber den Flugdatenschreibern weit überlegen, da sie eine deutlich größere Datenvielfalt speichern. Neben der üblichen Sprachaufzeichnung werden beim VDR auch alle wichtigen Navigations- und Maschinendaten sowie pro Minute vier Radar- und ECDIS-Bilder aufgezeichnet. Zwei Datenschutzkapseln (eine Tauchkapsel und eine aufschwimmbare Kapsel) halten die aufgezeichneten Daten der letzten 48 Stunden. Ältere Daten werden kontinuierlich kontinuierlich mit den neuesten Daten überschrieben. Selbst schwere Kollisionen, Brände oder Druckverhältnisse in mehreren tausend Meter Tiefe muss die Tauchkapsel überstehen.

Im Gegensatz zu AIS ist VDR kein Hilfsmittel zur sicheren Schiffsführung im eigentlichen Sinne. Vielmehr hat die „Black Box“ bei der Rekonstruktion von Seeunfällen eine besondere Bedeutung als verlässliche Datenquelle. Sie wird helfen, die Wiederholung begangener Fehler zu vermeiden und die Sicherheit auf Schiffen insgesamt zu erhöhen. 

Für Schiffsdatenschreiber ist ein EU-Zertifikat erforderlich.

Planprüfung und Besichtigungen der Navigationsausrüstung

Hier finden Sie weitere Informationen zu notwendigen Besichtigungen der Navigationsausrüstung bei Neubau oder Einflaggung.

bild navigationsausrüstung