Neuer Film: An Bord eines Containerschiffes über den Atlantik

Der Hamburger Fotograf Patrik Ludolph ist drei Wochen auf dem deutschflaggigen Containerschiff "Chicago Express" mitgefahren. Das Ergebnis: Eine beeindruckende Reportage über die Arbeits- und Lebensbedingungen an Bord. Der 40-minütige Film gibt Einblicke in die eigene Welt eines Containerschiffes und zeigt die Bedeutung der Seefahrt für den weltweiten Handel. (21.02.2023)

Wie wird heute navigiert? Ab welchem Rollwinkel macht es Spaß? Wie ist das Leben als Seefahrer? Diese und andere Fragen beantwortet der neue Film "Chicago Express".

Schon sechsmal ist der Hamburger Fotograf Patrik Ludolph auf Seeschiffen mitgefahren. Dieses Mal ging der Bildermacher in Genua an Bord des Containerschiffes "Chicago Express", um nach drei Wochen Fahrt durch das Mittelmeer und über den Atlantik jede Menge Foto- und Filmmaterial mit nach Hause zu nehmen. Fünf Wochen benötigte Ludolph für den Schnitt des Films, der seit kurzem auf YouTube zu sehen ist.

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"Chicago Express" ist ein bemerkenswertes Porträt der modernen Seefahrt. Da ist zum einem das Schiff selbst: 336 Meter lang, 8.600 Container tragend (O-Ton des Kapitäns: "schöne handliche Größe"), unter deutscher Flagge fahrend und mit einem eigenen Ausbildungsdeck für bis zu 20 Auszubildende.

Im Vordergrund des Films stehen die Menschen an Bord. Die komplette Crew, vom Kapitän bis zum philippinischen Oiler, wird mit Fotos vorgestellt. Wie an Bord gearbeitet und gelebt wird, erklären die europäischen Offiziere und der philippinische Bootsmann selbst. Da ist der 34-jährige Kapitän Claas Heinrich Hurdelbrink, der deutlich macht, welche immense Bedeutung die Seeschifffahrt für die Logistikketten hat: "Wenn die Schifffahrt ins Stocken gerät, kommt alles im Welthandel außer Kontrolle." Der Erste Offizier Steffen de Vries berichtet, dass praktisch alles an Ladung an Bord verschifft wird, was in einen Container passt - sogar Mineralwasser aus Italien, das nach dem Seetransport in New Yorker Feinkostläden verkauft wird. Und der philippinische Bootsmann Efren Nuyat erzählt von seinem harten und entbehrungsreichen Seefahrer-Leben, das ihm ein gutes Einkommen und damit eine hervorragende Ausbildung seiner Kinder ermögliche.

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In 17 kurzweiligen Kapiteln geht der Filmemacher Patrick Ludolph auf alle wichtige Themen an Bord eines Seeschiffes ein – von der Ladung und der Stabilität des Schiffes über die fast 50.000 PS der Hauptmaschine, die fast so groß ist wie ein vierstöckiges Haus, bis hin zur Brücke und der Frage, ob es noch Papier-Seekarten an Bord gibt. Gezeigt wird der Alltag an Bord: Das ständige Rostklopfen und Streichen, um das Schiff vor dem aggressiven Salzwasser zu schützen, aber auch Barbecue und Kicker-Turniere in der freien Zeit an Bord.

Dem Film merkt man die Begeisterung des Filmemachers Patrick Ludolph für die Seefahrt und sein echtes Interesse an den Seeleuten an. Gerade die Statements der interviewten Seeleute ergeben ein unverfälschtes Bild fernab der Seefahrer-Romantik. Dass der Profi-Fotograf Ludolph zudem ein gutes Auge für eindrucksvolle Bilder hat, zeigen die Filmszenen vom Brechen der Wellen am Bug oder die auf den ersten Blick beängstigenden Verwindungsbewegungen innerhalb des Schiffes im Seegang.

Patrick Ludolph hat seinen Film den Seefahrern gewidmet, die dafür sorgen, dass wir alles überall kaufen können. So lautet sein Fazit am Ende des Films: "Die Crew eines Containerschiffes bekommen wir nie zu Gesicht. Und dennoch ist unser Alltag geprägt von den Waren, die in einer Blechbox über die Weltmeere zu uns gebracht wurden. Schaut Euch mal zu Hause um und klebt an jedes Produkt, das über's Schiff kam, ein Post-it. Eure Wohnung wäre wahrscheinlich verdammt gelb."

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Der Film "Chicago Express" ist am 18. Februar 2023 im Hamburger Abaton-Kino uraufgeführt worden und ist auf YouTube frei zugänglich. In dem gesonderten Video "Eure Fragen & Behind the Scenes" gibt Patrick Ludolph, über eine Stunde lang Einblicke in die Entstehung des Films und erklärt weitere Details aus dem Arbeiten und Leben an Bord eines Containerschiffes.

Patrick "Paddy" Ludolph, wurde 1972 in Bielefeld geboren und studierte Informatik und Wirtschaftswissenschaften. 2006 startete er mit seinem Fotografie-Blog "Neunzehn72.de", in dem er bis heute über seine aktuellen Projekte berichtet. 2010 gab er seinen Job im Online-Marketing auf, um fortan als freier Fotograf zu arbeiten. 2017 veröffentlichte Ludolph seinen Bildband "Seafarers", der 160 Fotos von seiner sechswöchigen Fahrt auf drei Containerschiffen von Asien über Südamerika bis nach Europa enthält. Die Reportage "Chicago Express" ist sein erstes größeres Filmprojekt.

Die "Chicago Express" ist eines von zwei Ausbildungsschiffen der Hamburger Reederei Hapag-Lloyd. An Bord werden Schiffsmechaniker und Offiziersassistenten ausgebildet. Die weltweit tätige Reederei betreibt alle in ihrem Eigentum befindlichen Containerschiffe unter deutscher Flagge.