Drohnen-Einsatz für saubere Luft

Um die Abgase von Schiffen in der deutschen Ostsee zu überwachen, setzt das BSH in Zusammenarbeit mit der EMSA seit Mitte Juni erneut eine Drohne ein. Ziel der bis September 2025 geplanten Messkampagne ist die Kontrolle der Einhaltung von Emissionsgrenzwerten in dem Emissionskontrollgebiet. Die strengen Umweltstandards gelten in der Ostsee für alle Seeschiffe. (07.08.2025)

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Die Drohne startet von der Marineküstenstation Marienleuchte auf Fehmarn und unternimmt zweimal täglich rund vierstündige Überwachungsflüge, um den Schwefelgehalt der Abgase vorbeifahrender Schiffe im Seegebiet zwischen dem Fehmarnbelt und der Kadetrinne präzise zu messen – erlaubt sind maximal 0,10 % m/m. Dabei fliegt sie in sicherem Abstand gezielt von hinten in die Abgasfahne eines ausgewählten Schiffes.
Zum Einsatz kommt ein CAMCOPTER S-100 – eine 3,1 Meter lange Drohne mit einem Gewicht von bis zu 200 Kilogramm. Ausgestattet mit hochpräzisen Sensoren erfasst sie unter anderem die Konzentrationen von Schwefeldioxid (SO₂).
Die Überwachungsflüge wurden vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) bei der EMSA beantragt. Die Durchführung erfolgt durch die österreichische Firma Schiebel im Auftrag der Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA).
„Mit der Drohne steht uns eine Technologie zur Verfügung, die es ermöglicht, Schiffsabgase auf See zu analysieren und so effizient zu überprüfen, ob gesetzliche Grenzwerte eingehalten werden. Die besten Regeln bleiben wirkungslos, wenn wir ihre Einhaltung nicht überwachen – auch an Orten, wo Schiffe nicht mit uns rechnen“, erklärt BSH-Präsident Helge Heegewaldt.

Fliegende Kontrolle für den Umweltschutz

Zudem verfügt die Drohne über Kameras mit Infrarotfunktion. „Damit kann man feststellen, ob ein Schiff sauberen Kraftstoff oder einen Abgaswäscher (sog. Scrubber) einsetzt, um die Schwefelgrenzwerte einzuhalten“, erklärt Umweltingenieur Octavio Marin vom BSH. „Scrubber“ sind Abgasreinigungsanlagen, die an Bord zur Minderung von Schwefeldioxidemissionen eingesetzt werden.
Der Großteil der Flüge wird vom BSH-Team über ein sicheres Webinterface in Echtzeit begleitet. So können aus dem BSH gezielt Schiffe für eine Abgaskontrolle ausgewählt und Überwachungsanweisungen an die Drohnenpiloten gegeben werden.
Vor Ort koordiniert ein fünfköpfiges Team aus Piloten und Technikern den Einsatz. Für einen unterbrechungsfreien Betrieb während der Kampagne stehen zwei baugleiche Drohnen bereit.

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Erste Ergebnisse: Hohe Regeltreue bei aktueller Messkampagne

Seit Beginn des Projekts Mitte Juni wurden 76 Flüge geplant, 33 Einsätze mussten wetter- oder sicherheitsbedingt abgebrochen oder abgesagt werden. Insgesamt wurden bislang 90 Schiffe gemessen – in einem Fall ergab sich ein Verdacht auf Überschreitung des Schwefelgrenzwertes.
In solchen Fällen informiert das BSH die zuständige Verfolgungsbehörde, die im nächsten Hafen Kraftstoffproben entnimmt. Diese werden in zertifizierten Laboren analysiert. Bei Verstößen drohen Bußgelder von bis zu 50.000 Euro gegen die verantwortlichen Personen an Bord oder sogar strafrechtliche Konsequenzen.

Wissenschaft trifft Kontrolle

Das BSH betreibt das weltweit größte kontinuierlich laufende Messnetz für Schiffsabgase. Jährlich werden dabei über 10.000 Abgasfahnen analysiert.
Die Drohneneinsätze ergänzen das bestehende Schiffsabgasmessnetz des BSH – an Land unter anderem in Wedel bei Hamburg, Bremerhaven, Kiel und Rostock, auf See auf dem Vermessungs-, Wracksuch- und Forschungsschiff ATAIR.
„Unser Ziel ist es nicht nur zu kontrollieren, sondern auch zukünftige Überwachungsstrategien und Techniken für derzeit noch nicht geregelte Luftschadstoffe mitzuentwickeln“, betont Dr. Andreas Weigelt, Leiter des Schiffsabgas-Messnetzes beim BSH.
Dabei rücken zunehmend Ultrafeinstaubemissionen und der Einsatz alternativer Kraftstoffe wie Flüssiggas (LNG) oder Ammoniak in den Fokus. Diese gelten als CO₂-neutral, können jedoch andere klimaschädliche Gase wie Methan oder Lachgas (N₂O) freisetzen.

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Hintergrund: Warum werden Schiffsabgase gemessen?

Schiffsabgase sind eine wesentliche Quelle von Luftschadstoffen, besonders in Hafenstädten und entlang der Küsten. Schadstoffe wie Schwefeldioxid und Stickoxide beeinträchtigen die Luftqualität und können Atemwegs- sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen fördern.
Internationale Regelwerke wie das MARPOL-Übereinkommen der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) setzen deshalb strenge Grenzwerte, deren Einhaltung nun auch aus der Luft überwacht wird.
Der Europäische Umweltbericht zur maritimen Schifffahrt (EMTER) 2025 zeigt, dass die Schwefelemissionen seit 2014 dank wirksamer Regulierungsmaßnahmen um 70 % gesenkt werden konnten. Ausschlaggebend dafür war vor allem die Einführung von Schwefelemissionskontrollgebieten in der Ostsee und Nordsee. Seit dem 1. Mai 2025 gehört auch das Mittelmeer zu diesen Zonen; ab 2027 wird der Nordost-Atlantik ebenfalls einbezogen.
Damit diese Erfolge langfristig gesichert und weiter verbessert werden können, ist es entscheidend, dass das BSH sein Messnetz weiter betreibt, um Abgase zu überwachen und regulatorische Maßnahmen zu überprüfen. In Wedel beispielsweise hat das BSH für die vergangenen drei Jahre einen leicht ansteigenden Trend an auffälligen Abgasfahnen beobachtet.


Weitere Informationen:

BSH - Schiffsabgasmessnetz
BSH - Schiffsemissionen
EMSA-Drohnenservice (eng.)