Erste deutsche Werft erhält Abwrackgenehmigung

Die EWD Benli Recycling GmbH in Emden hat vom Gewerbeaufsichtsamt Oldenburg die Zulassung für industrielles Schiffsrecycling erhalten. Ein Meilenstein für den maritimen Recyclingsektor in Deutschland. Und er kommt zur rechten Zeit. (22.05.2025)

EWD in Emden © EWD Benli RecyclingGroße Seeschiffe haben eine durchschnittliche Lebensdauer von etwa 30 Jahren. Danach gelten sie als ausgedient – sind aber keineswegs wertlos. Denn sie stellen eine bedeutende Quelle für Rohstoffe und wiederverwertbare Materialien dar. Voraussetzung dafür ist jedoch eine geordnete und umweltgerechte Demontage, und genau daran mangelt es bislang: Der großer Teil der weltweiten Schiffsverschrottung erfolgt unter fragwürdigen Bedingungen.

Rund 90 Prozent aller außer Dienst gestellten Hochseeschiffe werden nach wie vor in Südasien abgewrackt, vor allem in Pakistan, Indien und Bangladesch. Dort aber lassen die Sicherheitsvorgaben, Umweltschutzmaßnahmen und Arbeitsrechte oft zu wünschen übrig. Die Folgen sind massive Umwelt- und Gesundheitsbelastungen durch austretende Schadstoffe - und immer wieder schwerste Arbeitsunfälle.

In Europa hingegen existiert mit der EU-Schiffsrecycling-Verordnung von 2013 ein klarer regulatorischer Rahmen. Demnach dürfen Schiffe ab 500 BRZ, die unter der Flagge eines EU-Mitgliedsstaatsfahren fahren, nur noch auf EU-zertifizierten Werfen abgewrackt werden. Die meisten dieser Werften befinden sich – wie ein Blick auf die EU-Liste zeigt – bislang in der Türkei.

Mit der Zulassung der Emder Werft steht nun erstmals ein deutscher Standort zur Verfügung, der die strengen europäischen Anforderungen an das Schiffsrecycling erfüllt. In Emden sollen künftig Seeschiffe, Binnenschiffe, Fahrgastschiffe, Küstenmotorschiffe und Fähren umwelt- und sozialverträglich zurück gebaut werden. Der Zeitpunkt für die Zulassung könnte kaum günstiger sein:

Am 26. Juni 2025 tritt die Hongkong-Konvention für sicheres und einheitliches Schiffsrecycling in Kraft. Diese internationale Vereinbarung schreibt unter anderem vor, dass Recyclinganlagen durch die zuständigen Behörden zugelassen und überwacht werden und dass für jedes Schiff ein Gefahrstoffverzeichnis erstellt werden muss. Bisher haben 24 Staaten die Konvention ratifiziert - mit Indien, Pakistan und Bangladesch auch drei Hauptakteure der globalen Schiffsverschrottung. Das ist ein gewaltiger Fortschritt. Die verbreitete Praxis, bei der Arbeiter unter prekären Bedingungen, oft barfuß und in kurzen Hosen, riesige Schiffe zerlegen, sollte damit der Vergangenheit angehören.
 
Langfristig dürfte dies auch die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Abwrackwerfen stärken. Zum Vergleich: Im Jahr 2024 wurden in ganz Europa lediglich 25 Seeschiffe verschrottet – in Bangladesch hingegen 130. Das sind mehr als fünfmal so viele.
 
Mit der Zulassung von EWD Benli Recycling GmbH hat Deutschland nun den Einstieg in den internationalen Schiffsrecycling-Markt geschafft. Weitere Werften könnten folgen. Denn die Marktaussichten sind vielversprechend: Nicht nur regulatorische Veränderungen machen den Markt zukunftsträchtig - auch die zunehmende Anzahl veralteter Schiffe.