Umfrage-Ergebnis: Nicht alle Seeleute erhalten ausreichenden Landgang

Seit kurzem liegen die Ergebnisse einer Seeleute-Umfrage durch die Seemannsmission Hamburg-Harburg vor. Auch wenn sich die Corona-Situation etwas beruhigt hat, gibt es immer noch Seeleute, denen Landgang verwehrt wird. Erfreulich ist dagegen die hohe Impfrate bei den Seeleuten. Auch Mobbing scheint an Bord kein größeres Thema als an Land zu sein. (13.12.2022)

Für ihre Seeleute-Umfrage "Shore Leave for Seafarers in Covid-19" haben Haupt- und Ehrenamtler der Deutschen Seemannsmission (DSM) Hamburg-Harburg im Oktober insgesamt 207 Seeleute befragt. Die Autoren der Studie sind Sören Wichmann, Leiter des Seemannsclubs "Duckdalben", und Jörn Hille, der für die Bordbetreuung durch die DSM Hamburg-Harburg verantwortlich ist.

Seeleute Umfrage SeemannsmissionDie DSM-Mitarbeitenden interviewten die Seeleute entweder an Bord (89 Seeleute) oder im Hamburger Seemannsclub "Duckdalben" (118 Seeleute). Befragungen im direkten Arbeitsumfeld von Seeleuten sind selten; üblicherweise werden Seeleute in ihrem Urlaub an Land kontaktiert. 54% der befragten Seeleute stammten von den Philippinen, 18% aus Indien, 13% aus EU-Staaten und 4% aus den USA. 34% der befragten Seeleute waren im Offiziersrang.

Die wichtigsten Ergebnisse der Seeleute-Befragung sind:

  • Nach der generellen Gefühlslage befragt ("How are you feeling?") antworteten die meisten Seeleute mit "gut" oder "sehr gut". Die Autoren der Studie gehen davon aus, dass diese positiven Antworten gerade bei asiatischen Seeleuten auch eine Form der höflichen Kommunikation sind.
  • 88% der befragten Seeleute haben nach eigenen Angaben die Möglichkeit zum Landgang in den Häfen; allerdings konnten nur die Hälfte der Befragten im letzten Monat tatsächlich ihr Schiff für Landgang verlassen. Bei 14% der Befragten lag der letzte Landgang nach ihren Angaben mehr als 11 Monate zurück. Als Gründe für nicht genehmigten Landgang nannten die meisten Seeleute unabwendbare Ereignisse ("force majeure") oder die Sicherheit des Schiffes. Die Autoren der Studie machen deutlich, dass Landgang nur bei konkreten Gefahren und Anlässen untersagt werden kann, nicht jedoch als generelle Firmenpolitik.
  • Größere Probleme bei der Heimschaffung von Seeleuten im Vergleich zu 2019 scheint es derzeit nicht zu geben. 81% der befragten Seeleute sahen keine Probleme.
  • 93% der befragten Seeleute sind gegen COVID-19 geimpft. Allerdings haben nur 8% der Seeleute eine Zweit- oder Booster-Impfung erhalten. Auch wussten 53% der befragten Seeleute nicht, welchen Impfstoff sie erhalten haben.
  • Mobbing und Schikanierungen ("bullying/harassment") scheinen an Bord nicht häufiger vorzukommen als im Durchschnitt deutscher Unternehmen. Die Autoren der Studie vermuten aber, dass Seeleute Gängeleien oder nicht korrektes Verhalten erst später als Mobbing empfinden als Angestellte an Land.
  • Die meisten Seeleute schätzen sich als mental stark ein. Das könnte, so die Autoren der Studie, auf die ausgeprägte Hierarchie und strikte Disziplin an Bord zurückzuführen sein, die nur wenig Raum für das Zeigen von Gefühlen lasse.

Die Seemannsmission Hamburg-Harburg hat die Ergebnisse ihrer Seeleute-Befragung auf Englisch zusammengefasst.